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Buchholz, Thomas
Komponist
Thomas Walter Buchholz, geboren am 27. August 1961 in Eisenach/Thüringen, entstammt einem musikalischen Elternhaus. Sein Vater Kurt Wichmann wirkte als Oratoriensänger, Gesangspädagoge und Musikpublizist. Er gab u. a. die Gesangsschule von Giuseppe Tosi heraus, veröffentlichte zahlreiche Schriften zur Methodik des Gesangsunterrichts und zur Interpretation alter Musik. Seine Mutter Jutta Buchholz, geb. Gensty, war Konzertpianistin und später als Musikpädagogin tätig. Im Alter von sechs Jahren erhielt Thomas Buchholz den ersten Klavierunterricht in Eisenach. Gesangs- und Orgel- sowie erster Kompositionsunterricht folgten an der Eisenacher Musikschule. Der Schulzeit in Eisenach schloss sich zunächst eine Lehre als Klavierbauer bei Blüthner in Leipzig an. Ab 1983 studierte Buchholz an der Hochschule für Musik in Leipzig Komposition (bei Günter Neubert), Sologesang und Musikpädagogik (Diplom 1988). Anschließend war er Assistent für Musiktheorie an der Martin-Luther-Universität in Halle mit Lehrverpflichtung in den Fächern Tonsatz, neue Musik und Instrumentation. Noch während seiner Tätigkeit an der Universität war Buchholz 1988-1992 Meisterschüler für Komposition an der Akademie der Künste zu Berlin bei Ruth Zechlin. 1993 ging er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an die Schütz-Akademie Thüringen nach Bad Köstritz, wo er insbesondere mit Veröffentlichungen über Georg Anton Benda und Untersuchungen zur kompositorischen Rezeption historischer Musik in unserer Zeit hervortrat. Einladungen zu Festivals und Kompositionsseminaren führten ihn u. a. nach St. Petersburg, Bern, Vilnius, Riga, Prag, Berlin, Ufa (Baschkirien) und Jerewan (Armenien). Seit 1995 ist er Vorsitzender des Landesverbandes Sachsen-Anhalt Deutscher Komponisten und damit künstlerischer Leiter der Hallischen Musiktage. Seine Werke wurden in vielen europäischen Ländern und den USA aufgeführt. Prägend für seine künstlerische Entwicklung war u. a. die Zusammenarbeit mit Musikern wie Howard Arman, Reinbert Evers, John Holloway, Carin Levine, Thomas Müller und Matthias Sannemüller. 1998-99 arbeitete Buchholz am Händel-Haus in Halle, wo er mit wissenschaftlichen Tätigkeiten betraut war, die der Erforschung der jüngeren regionalen Musikgeschichte und deren Dokumentation dienen. Seit 1999 arbeitet er im Lehrauftrag an der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig. Im gleichen Jahr erhielt er eine Gastprofessur für Komposition und unterrichtet regelmäßig am Staatlichen Komitas-Konservatorium in Jerewan. Die bislang rund 70 Werke des Komponisten lassen eine musikalische Sprache erkennen, die weder ausgeschrittene Wege geht noch die Suche nach exorbitanter Novität in den Mittelpunkt stellt. Sie scheint kaum direkten Vorbildern verpflichtet, ist allerdings durch ein im Lebensumfeld des Komponisten verankertes tradiertes Verhältnis zur musikalischen Geschichte geprägt. Sein kritischer Rückblick auf alte Musik ist innovativ, erfolgt aus der Perspektive der Gegenwart und dient niemals regressiver Identifikation. Seine Musik greift, ohne zu zitieren und mit Manierismen zu spielen, Gegebenheiten musikgeschichtlicher Entwicklungen werkimmanent auf und verliert sich nicht in einem Zustand postmoderner Erschöpfung. Im Schaffen des Komponisten ist besonders für die Jahre 1989 - 93 ein Prozess der Ausprägung zeitgenössischen Denkens wesentlich, der als Bruch mit den Buchholz bisher vertrauten musikalischen Traditionen verstanden werden kann: Kammersinfonie 1 "Eruption" (1990/91), 1. Streichquartett (1988), Zwei Rhapsodien für Viola und Gitarre (1990), Konzert für Posaune und Kammerensemble (1989). In der Kammersinfonie 1 arbeitet der Komponist mit einem motivischen Grundmaterial, das im Verlauf des Werks vollständig zerstört wird. Die Konfrontation historisch überlieferter motivischer Setzungen mit neueren Verfahrensweisen wie Sonoristik und Punktualistik führt hier zur Auflösung fester Strukturen. Ab etwa 1994 sind Wandlungen und Ergänzungen im kompositorischen Konzept zu beobachten. Zugunsten neuartiger Besetzungen verzichtete Buchholz auf das traditionelle Orchester. Verstärkt bezog er nun Anspielungen auf historische Stile und Techniken ein, insbesondere Elemente vorbarocker und barocker Musik: Kammersinfonien V "Perotinus" (1994), VIII "Ellipse" (1995), Fünf Barocke Etüden für Kammerensemble (1998/99) u. a. Mit der Kammersinfonie VII "Ex sequi" (1995) beginnt ein Prozess der noch konsequenteren Neugestaltung historischer Bezüge. Die Kammersinfonie VII bezieht ihre Assoziationen aus den "Musikalischen Exequien" von Heinrich Schütz. Die drei Teile der "Exequien" bringt Buchholz in eine fünfsätzige Form, wobei erster und letzter Satz wie Vorspiel und Nachspiel die drei Hauptsätze umranden. Alle Satzüberschriften sind Zitate aus den Exequientexten. Der Konzeption frühbarocker Trauermusiken entsprechend wird auch innerhalb dieses Werks der Weg vom Diesseits zum Jenseits gezeichnet. In den Kammersinfonien IX "Tabulatura" für Theorbe und Streicher (1995) und X "Gethsemane" für vier Soloviolinen und Streicher (1996), den Trois Airs baroques für Barockvioline und Truhenorgel (1999) und der Händel-Suite für Kammerensemble (1999) verfügt Buchholz frei und assoziativ über historische Vorgaben. Seine motettenhaften Sätze sind an Vorbildern wie Schütz orientiert Die generelle Durchhörbarkeit der instrumentalen Partituren, die sparsame, auch im Orchestersatz kammermusikalisch angelegte Instrumentierung regten Buchholz zu einer Chormusik an, die von der Besetzungspraxis der Renaissance ausgeht: Missa solaris (Franz von Assisi, 1991), Deus meus (Psalm 59, 2, 17, 4, 1992), Liber ecclesiastes (1995/96), Orplid (Eduard Mörike / Georg Heym / Heiner Müller, 1998), Armenia clamans (Joh. Lepsius, Lamentationes V, 1999). Seine motettenhaften Sätze sind an Vorbildern wie Schütz orientiert. Monteverdi inspirierte ihn zu einer expressiven Linearität, die ihn auch zu konzertanten Sätzen und großen Klangflächen führt. Dabei vermeidet er geräuschhafte Klanglichkeit zu Gunsten ausdrucksvoller Harmonik. Eine vorläufige "Zusammenfassung" seiner Auseinandersetzung mit barocken musikalischen Traditionen stellt sein bisher umfangreichstes Werk dar, die Kammeroper Harmonie in Aufruhr (eigener Text, 1997/ 2000). (Gert Richter) (Quelle: Hanns-Werner Heister / Walter- Wolfgang Sparrer (Hg.): Komponisten der Gegenwart, Loseblatt-Lexikon. Lieferung 21, Mai 2001. © edition text + kritik GmbH, München 1992)